Ein Teller fällt: „Schepper!“ „Oh, typisch, das passiert dir immer! Du bist immer so schusselig“. Hier haben wir ein Beispiel für eine beliebte Generalisierung. Denn wer lässt wirklich immer etwas fallen? Mein Einwand: „Das passiert doch jedem Mal“, ist allerdings auch eine Generalisierung oder eine Hoffnung. „Ich bin gar nicht so anders.“ Aber auch da gibt es sicher den ein oder anderen, dem nie etwas herunterfällt. Ups, auch eine Generalisierung.
Typisch Mann…. schon wieder. Genau wie: Männer lieben Autos und Frauen lieben Schuhe. Es ist typisch Frau, sich in solchen Nebensächlichkeiten zu verlieren und typisch Mann, nichts zu denken. Manche Menschen generalisieren häufig und leidenschaftlich.
„Deutsche Männer tragen Lederhosen, deutsche Frauen Dirndl.“ „In Deutschland sind viele hohe Berge und alle essen Sauerkraut.“ Das waren generalisierte Ideen, die mein Partner aus Neuseeland von Deutschland hatte. Der Film, aus dem er diese wirre Vorstellung hat, spielt übrigens in Österreich….
Alle Franzosen essen Baguette, in Italien schmeckt der Kaffee am besten, Neuseeland ist ein warmes Land – all das sind harmlose Beispiele, wie wir Menschen, Dinge und Verhalten verallgemeinern.
Warum wir generalisieren?
Verallgemeinerungen vereinfachen uns das Leben. Es ist eigentlich eine geniale Funktion unserer Denkmaschine. Wir vereinfachen diese komplexe Welt und können uns viele Dinge dadurch viel leichter merken und erklären. Ein anschauliches Beispiel ist das Autofahren. Wir wissen, erst links, dann rechts schauen, in Deutschland hilfreich, in England aber evtl. tödlich. Links überholen ist auch so etwas, was ich für allgemeingültig gehalten habe, bis ich einen Unfall in Neuseeland hatte. Dort darf man von beiden Seiten überholen. Also Regeln sind gut, aber es ist sinnvoll, sie in einem anderen Umfeld zu hinterfragen.
Generalisierung und Glaubenssatz
„Du bist immer so schusselig“ kann zum Glaubenssatz werden. Sagt eine Mutter, ihn oft genug, dann glaubt es das Kind. Was dann passiert, ist eine selbsterfüllende Prophezeiung: Der kleine Mensch fällt und stolpert durch die Welt, und man hört dann oft: „Ich bin nun mal so“. Den selbsterfüllenden Effekt kann man auch mit positiven Sätzen erreichen: „Du bist klug, du bist geschickt, du bist ein Künstler“, solche Aussage im positiven Kontext sind schon besser. Noch besser ist es, etwas detaillierter und aus eigener Sicht zu formulieren. „Ich finde, du hast so einen klugen Text geschrieben, ich bin begeistert“, oder „Deine Fähigkeiten im Basteln, besonders dieses Bild, finde ich wunderbar.“ Mit solchen Sätzen kann der Gelobte viel mehr anfangen. Auch wenn es gut gemeint ist, wie „Du bist stark … (du brauchst keine Hilfe)“. Ein solcher Satz kann zur Last werden, da scheinbar erwartet wird, dass die Stärke immer vorhanden ist und damit Schwäche als Makel erscheint. Wie anders klingt: „Ich finde, du hast hier sehr besonnen reagiert. Ich finde deine Haltung in Bezug auf … sehr stark.“
Glaubenssatz sind Sätze, an deren Wahrheit wir glauben
Glaubenssätze sind Überzeugungen, die wir von uns und anderen haben. Je öfter wir sie wiederholen, desto stärker werden sie. Sie klingen dann wie Wahrheiten. Aber Glaubenssätze sind nur Sätze, die wir glauben. Manchmal sind sie wahr, aber eben nicht immer! Menschen werden in Schubladen gesteckt und sie stecken sich selbst hinein. Da es von innen schwer ist diese zu öffnen, bleiben sie oft drin. Negative Glaubenssätze werden schnell zu unüberwindbaren Hindernissen.
Hier spielt das selektive Wahrnehmen eine Rolle. Wir glauben an etwas und sehen plötzlich überall Beweise. Balance ist das Zauberwort. Zulassen, dass ich zwar oft stark bin, aber auch mal schwach sein darf. Zulassen, dass ich ein toller Schriftsteller bin, aber auch mal totalen Mist schreibe. Zulassen, dass alles möglich ist und nichts muss.
Positive Glaubenssätze können Türen öffnen. Wenn jemand an sich und seine Fähigkeiten glaubt und evtl. den Glaubenssatz „Alles ist möglich“ hat, dann kommt er oder sie auf jeden Fall weiter als der, der von sich glaubt, er sei ein Loser. Es lohnt sich, Glaubenssätze immer mal zu hinterfragen und zu überprüfen, ob sie noch passen.
Generalisierungen versus Flexibilität
Je flexibler sich ein Mensch oder Tier auf eine neue Situation einstellen kann, desto größer sind seine Überlebenschancen. Generalisierungen, also Verallgemeinerungen, sind nicht unbedingt flexibel. Es ist hilfreich zu erkennen, wann uns ein anderer Mensch oder ein anderes Lebewesen nicht gut gesonnen ist. Wir haben gelernt, dass fauchen, Zähne fletschen und lautes Schreien Signale dafür sind, genauer aufzupassen. Es kann Gefahr, aber auch nur Angstverhalten bedeuten. Auch bei unseren Kindern, Partnern und nahen Freunden glauben wir, die Signale zu erkennen. Das ist leider jedoch auch manchmal falsch. Es gibt Situationen, bei denen sich uns bekannte Menschen, plötzlich ganz anders verhalten. Was wir dann als Ablehnung oder Arroganz interpretieren kann Selbstschutz sein. Schmerzen, über die der andere nicht reden will, machen denjenigen evtl. aggressiv und Situationen, die für Menschen einen Kontrollverlust bedeuten, lassen sie oft ungewohnt reagieren. Unseren Kindern bringen wir bei: Jemand, der dich anlächelt und dir etwas schenken will, ist nicht immer ein Freund, und nur, weil jemand auch gerne reist, ist er noch lange nicht weltoffen oder weltgewandt.
Es lohnt sich gelegentlich, die Flexibilität zu trainieren. Raus aus der Komfortzone. Fragen oder nachschauen, ob der grantige Nachbar evtl. Sorgen oder Rückenschmerzen hat und nicht einfach annehmen, dass er ein unangenehmer Zeitgenosse ist. Darüber nachdenken, ob jemand, mit anderen Essmanieren als man selbst, wirklich keine Manieren hat oder ob dieser Glaubenssatz noch mal überdacht werden darf. Es gibt Kulturen, da essen Menschen mit Fingern, Stäbchen oder nur mit rechts, da sind unsere westlichen Manieren ein No-Go. Und vielleicht mal überlegen, ob jemand, der immer stark ist, nicht auch mal Hilfe brauchen kann.
Das Leben ist voller Überraschungen. Glaubenssätze und Generalisierungen schränken oft ein.
Bleib flexibel und schau genau hin. Manchmal auch zweimal.
Ich bin Eva, ich bin Coach und ich finde es erstaunlich, was positive Glaubenssätze für eine magische Wirkung haben können und umgekehrt.
Bleib flexibel und vor allem, bleib wachsam.
Just talk to your Vision-Coach
Eva Wippermann
coaching@evawippermann.com
Liebe Eva, ich finde es genial, wie du herleitest, wie sich Glaubenssätze bilden können und wie man sie auflösen kann- diesem Sinne, dass man das, was man glaub zu sein auch mal in Frage stellen und überdenken darf. Ein toller Artikel mit Bezug zum Leben. Das Beispiel mit Lederhose und Dirndl-exakt aus dem Leben. Liebe Grüße Nicole